Auch in der zweiten Runde möchten wir wieder einen Einblick geben: Wer sind die Menschen hinter den Projekten? Woran wird gerade gearbeitet? Welche Tipps können die Projektmacher anderen geben? Den Anfang macht dieses Jahr Lisi Brizuela vom Hallo Projekt .
Lichterkette e.V.: Begegnungsräume zwischen Einwanderern und SeniorInnen – die Idee ist sehr spannend, wie bist du überhaupt darauf gekommen? Was hat dich inspiriert?
Hallo Projekt: Als ich nach Deutschland umgezogen bin, wollte ich Deutsch lernen und mich integrieren aber es war viel schwerer als ich dachte. Im Sprachkurs hatte ich die Theorie gelernt aber mir fehlte die Praxiserfahrung. Ich habe mit mehreren Tandems versucht Deutsch zu üben, doch leider hat es nicht immer funktioniert. Meine Tandempartner waren sehr beschäftigt und dadurch war es schwer einen Termin zu vereinbaren oder wir haben uns getroffen, hatten aber keine gemeinsamen Interessen und somit kein Konversationsthema. Manchmal hatte es super gepasst und dennoch haben wir uns nie wiedergesehen. Leider spielen diese Kleinigkeiten eine große Rolle, wenn man neu in einem Land ist und versucht die Sprache zu lernen und sich wie zu Hause zu fühlen.
Danach hatte ich einen Job auf Englisch gefunden und habe sehr wenig Deutsch gesprochen. Genau dieses Problem hatten viele meine Freunde in München.
Gleichzeitig hatte ich gemerkt, dass es viele Senioren gibt, die nach Flaschen im Müll suchen. Ich habe mich informiert und herausgefunden, dass das Rentensystem in Deutschland nicht so gut ist wie ich dachte. Ich wollte diesen Menschen helfen und hatte es mit einem ähnlichen Projekt bereits 2017 versucht, aber leider hat es nicht funktioniert. Es bestand Interesse bei den Einwanderern aber nicht bei den Senioren.
2018 habe ich es jedoch nochmals versucht. Statt des Themas Altersarmut, lag der Fokus auf der Alterseinsamkeit und das Ergebnis war ein totaler Erfolg!
Meine größte Motivation das Projekt zu machen und weiterzuentwickeln ist, dass ich nicht möchte, dass andere Einwanderer die gleichen Erfahrungen machen, wie ich. Alle sollten die Möglichkeit haben die Sprache zu lernen, zu üben und sich zu integrieren. Meine Idee besteht nicht nur darin, mit Senioren Deutsch zu lernen, sondern auch die Einsamkeit beider Seiten zu überwinden, sodass sich alle wohl und wie zu Hause fühlen. Dafür bilden wir auch eine Community, in der sich alle gegenseitig unterstützen und Freundschaften schließen können.
LK: Welcher HALLO-Moment ist euch besonders in Erinnerung geblieben?
HP: Die lohnendsten und besten Momente für uns sind einfach die Erlebnisse während unserer Aktivitäten, wo wir sehen können, wie sich verschiedene Gruppen gut verstehen, austauschen und ihre Unterschiede, Vergangenheit und Lebenssituationen für einen Augenblick vergessen. Besonders wenn die Senioren die Einwanderer nach Hilfe mit dem Smartphone fragen, Nummer tauschen und sich danach wieder treffen zeigt uns, dass das Projekt funktioniert.
LK: Was sind derzeit Herausforderungen, denen ihr begegnet?
HP: Unsere derzeitigen Herausforderungen liegen an der Tatsache, dass unser Projekt ausschließlich aus Freiwilligenarbeit besteht daher sind unsere Zeit und finanzielle Ressourcen begrenzt. Im Gegensatz zu den berufstätigen Einwanderern, die abends sehr gut erreichbar sind, können wir die Senioren nur tagsüber erreichen. Da unser Team nur aus Freiwilligen besteht, die Vollzeit arbeiten, können wir tagsüber keine Öffnungszeiten für die Senioren anbieten, was sehr wichtig wäre, um Senioren für das Projekt zu gewinnen.
LK: Kamt ihr mal an den Punkt, aufzugeben oder nicht weiter machen zu wollen? Falls ja, was hat euch in diesen Momenten konkret dazu motiviert dran zu bleiben?
HP: Es gab wie bei allen neuen Projekten einige Höhen und Tiefen und auch Momente, wo wir natürlich überlegen mussten, ob wir weitermachen sollten. Aber genau diese kritischen Momente haben uns gezeigt, dass es die ganzen Bemühungen Wert waren, um etwas viel Größeres zu schaffen.
LK: Was steht bei euch im Jahr 2020 an?
HP: Unsere Agenda und Ziele für 2020 ist sehr umfangreich. Wir haben uns viel vorgenommen und sind auf einem guten Weg. Wir haben das Jahr mit guten Neuigkeiten angefangen, unser Verein wurde endlich eingetragen und als gemeinnützig anerkannt. Damit sind viele Hürden für Kooperationen und Fördergeld weg. Wir möchten das Projekt in weitere Nachbarschaften in München bringen, mehr Teilnehmer und Kooperationspartner gewinnen und Fördergeld um eine Person auf Minijob-Basis einzustellen.
LK: Wie können begeisterte Leser des Interviews euch unterstützen?
HP: Wir freuen uns auf jede Hilfe: Uns auf sozialen Netzwerken, wie Facebook und Instagram folgen, Flyer verteilen, Unterstützung bei unseren Aktivitäten, neue Ideen oder spezifische Hilfe wie Graphik Design und Zeit-, Sach-, und Geldspenden.
LK: Was würdet ihr Projektmachern, die mit ihrer Idee noch ganz am Anfang stehen, auf den Weg geben?
HP: Immer weitermachen! Es werden immer Höhen und Tiefen geben, und es ist nicht so wichtig wie tief Du gesunken bist, sondern was du daraus gelernt hast und wie stark und motiviert du wieder anfängst.
Danke für das Interview und viel Erfolg!